Wer die Suppe eingebrockt hat, soll sie auch auslöffeln – Klingt alles sehr logisch, doch gibt es zu viele „aber“ – England hält nur globale Lösungen für sinnvoll

Bruno Hidding

Die Ausgangsbasis scheint eindeutig: Die zockende Finanzbranche ist von den EU-Staaten im Rahmen der Finanzkrise mit 4,6 Billionen Euro gestützt worden, was noch nicht das Ende zu sein scheint. Daran sollen sich diese Häuser nun über die Erhebung eine Finanztransaktionssteuer beteiligen.

Das klingt alles sehr logisch und vernünftig. Nur gibt es da ein Problem. Wie bewerkstelligt man das, ohne dass dadurch nicht wieder andere Schäden und Nachteile entstehen und die Steuer auch wirklich von den Zockern getragen wird? Wenn die Belastungen von den Finanzinstituten wieder einmal auf die Kunden abgewälzt werden, zahlen wir Bankkunden die Zeche, obwohl wir diese Verluste nicht verursacht haben. Nicht viel besser sähe es aus, wenn die Zocker-Institute die Steuer zu Lasten ihres Gewinnes tragen. Denn dann zahlen sie anschließend weniger Steuern. Was bedeutet, dass wir Steuerzahler dann wieder mit im Boot sind.

 

Der Steuer ausweichen

Die fiskalische Seite ist sicherlich von sehr großer Bedeutung. So spricht. EU-Kommissionspräsident Barroso von einer Steuer von mindestens 0,1 Prozent des Marktpreises auf Transaktionen in Aktien und Anleihen und 0,01 Prozent des Nennwertes von Terminkontrakten. Doch Fachleute erwarten dass es zu massiven Ausweichhandlungen kommen dürfte. Zum einen wird das Zustandekommen von Geschäften, vor allem im Derivatehandel, verhindert. Weniger Geschäfte bedeutet aber sofort weniger Liquidität in den Märkten. Und weniger Liquidität bewirkt einen schlechteren Marktausgleich, also volatilere Märkte, was wiederum keiner will. Die erhoffte Marktberuhigung tritt also nicht ein, eher das Gegenteil.

Auf der anderen Seite wird das erwartete Steueraufkommen mit stolzen 55 Milliarden Euro jährlich hochgerechnet. Doch sofort stellt sich auch hier wieder die Frage, ob diese Zahlen auch nur annähernd stimmen? Mit Sicherheit sind diese Einnahmeschätzungen deutlich zu hoch, meinen Steuerexperten, zumal die Liste der Ausnahmetatbestände – zum Beispiel auch für uns Normalbürger natürlich - und auch für den Mittelstand schon immer länger wird. Schweden hatte bei einer solchen Steuer einmal die Einnahmen geschätzt. Nachher wurden es dann mickrige 5 Prozent der Schätzung.

 

Nur in der EU geht nicht

Vorgesehen war bzw. ist, dass diese Steuer von allen EU-Mitgliedsstaaten ab 1. Januar 2014 eingeführt wird. Doch ist die EU ist nur ein ganz kleiner Teil dieser Welt. Das heißt es finden Geschäftsverlagerungen an andere Handelsplätze – auch außerhalb Europas - ohne diese Steuern statt. Das hat ja soeben auch der britische Premierminister David Cameron bei seinem Besuch in Berlin versucht, unserer Kanzlerin Angela Merkel beizubiegen. Kapital ist eben scheu wie ein Reh. Und kein Wunder, dass London als größter europäischer Finanzplatz vehement gegen eine solche Steuer ist, wenn sie denn nur für einen so kleinen Teil dieser Welt wie die EU eingeführt werden soll. Wenn die Steuer weltweit greifen würde, wäre auch England mit dabei. Und gesehen werden muss auch, dass auch Schweden und Holland nicht begeistert sind. Also: Selbst die kleine EU ist kaum unter einen Hut zu bekommen, geschweige denn die ganze Welt. Je weniger Länder aber mitmachen, desto einfacher sind Ausweichhandlungen und desto löchriger wird der Käse.

Da kommt hier und da auch der Vorschlag, dann doch direkt die Gewinne der Finanzhäuser zu besteuern. Das klingt wie der Stein der Weisen. Nur: Die zockende Finanzbranche ist in Sachen Eigenkapital ausgesprochen schwach auf der Brust und gehalten, zwecks Vermeidung neuerlicher Finanzkrisen ihre Eigenkapitalquote deutlich aufzustocken um sich krisenfester zu machen. Also kann auch dieser Vorschlag abgehakt werden. Andererseits wird klar, wenn man sich diesen Gedanken auf der Zunge zergehen lässt, dass die Zocker immer Mittel und Wege finden werden, dieser für sie gedachten Steuer weitgehend auszuweichen.

Auch im außerbörslichen Bereich

Und logisch sein sollte auch, dass diese Steuer nicht nur im Bereich der Börsen und anderer organisierten Märkte greifen sollte, sondern auch im außerbörslichen over the counter (OTC) Bereich, zumal gerade dort riesige Geschäfte stattfinden. Das erscheint sehr sinnvoll, das muss schon so sein. Nur: auch in Brüssel weiß man (aber nur inoffiziell), dass es nahezu unmöglich sein wird, diese Geschäfte auch nur halbwegs in den Griff zu bekommen, um sie zu besteuern. Also: Augen zu und durch?

Die Zustimmung in der breiten Bevölkerung zur Erhebung einer solchen Steuer ist überwiegend zustimmend, ohne dass allerdings viele der geschilderten Detailprobleme entsprechend gewürdigt werden. Privatanleger sollten auch, so eine Forderung der führenden deutschen Privatanlegerbörse in Stuttgart, von einer Besteuerung ausgenommen werden. Sie seien nicht Verursacher der Finanzkrise, obwohl sie die Hauptlasten der Krisenbewältigung tragen müssten. Richtig.

Wie formulierte soeben der Börsenpraktiker einer Bank: „Die extremen Verwerfungen der letzten Jahre erfordern die Eindämmung von Spekulation. Aber nicht über Steuern, sondern durch höhere Transparenz und Regulierung. Wer dennoch neue Steuereinnahmen für den Staat befürwortet, der sei gewiss, dass nicht nur die Banken die Zeche dafür bezahlen werden“. Siehe oben!

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